Geschichten von Mitmenschen

Jennifer Seemann (ehemals Zöllner)

„Mehr als ein Job!“

Pflege kann man auch nicht lernen. Da wird man dazu geboren. Das ist meine Einstellung, die ich auch, glaube ich, immer behalten werde.

Ich heiße Jennifer Zöllner, bin 38 Jahre alt, bin die Pflegedienstleitung im Seniorenzentrum in Hattersheim. Meine Oma hat immer gesagt, ich wollte Prinzessin oder Krankenschwester werden. Krankenschwester habe ich angefangen, war nicht mein Bereich, also wurde ich Altenpflegerin. Bis 2016 im November war ich wirklich examinierte Fachkraft. Dann bin ich leider an der Wirbelsäule erkrankt, dachte, in der Pflege kann ich keinen Fuß mehr fassen. Also habe ich weitergeguckt, was kann ich machen und bin dann wirklich in die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung. Habe dann auch gleich als stellvertretende Pflegedienstleitung in der Weiterbildung ein Krisenhaus mit aufgebaut und so hat sich der Weg dann fortgesetzt.

EVIM ist mir nie bekannt gewesen, bis ich 2022 auf der Suche nach einer neuen Stelle war und beim Stöbern auf der Seite von EVIM klang das alles sehr familiär, sehr wertschätzend, sehr transparent. Und nachdem das Vorstellungsgespräch auch so toll gelaufen ist, hat man mich eingestellt und ich stehe bis heute hinter EVIM. Bei EVIM ist es so: Da stehen die Bewohner und die Mitarbeiter an erster Stelle.

Wichtig ist, dass man morgens, wenn man sich schon begegnet, egal zu welcher Zeit das ist, dass man „Guten Morgen“ sagt. Manchmal ist es schon so, man zieht einen Rollladen hoch und sagt: „Guten Morgen, gucken Sie mal, die Sonne scheint“, und dann sagt er: „Ach, Engel, wenn du da bist, kann eh nichts passieren.“ Das sind so kleine Rituale, die vielen nicht bewusst sind, die aber furchtbar wichtig sind, gerade auch im Umgang mit Demenzerkrankungen. Die Menschen vergessen vielleicht kognitiv sehr, sehr vieles, aber sie vergessen nie, wie schön Nähe sein kann.

Es ist ein Unterschied, ob ich jemand einfach nur pflege, weil es mein Job ist, oder weil ich ihn eben auch berühre und das von Herzen tue.
Es gab viele dunkle Momente. Mein Bruder ist, als ich gerade 18 Jahre alt war, tödlich verunglückt. Knapp anderthalb Jahre später meine Tochter. Sie ist 2005 geboren und genau mit sechs Monaten 2006 verstorben, nachdem sie unheilbar krank war und dann habe ich damals entschieden, Maschinen abzustellen. Ich war gerade 20, als sie verstorben ist, ja. Das hat mich extrem geprägt, das ist was, was man nie abschütteln kann, was man auch nicht abschütteln möchte. Ich spreche da auch ganz offen drüber und ich verschweige meine Tochter nicht.

Ich möchte eigentlich jedem Menschen mit auf den Weg geben. dass es wirklich auch nach dunklen Momenten immer wieder helle Momente gibt.
Und dann ist es manchmal so: Ja, dann komme ich so die Ecke gewirbelt und dann heißt es auch: „Hui, sie sind da bei einem Wirbelwind und sie sind so gar nicht traurig, sondern eher total fröhlich gestimmt.“ Das sagen ganz, ganz viele, wenn sie mich sehen. Kann ich mir gar nicht vorstellen, dass du aus der Pflege kommst, also mit meinen bunten Haaren, mit meinen Piercings, mit meinen Tätowierungen. Ich habe da so eine ganz krasse Einstellung für mich, einfach, dass ich sage: Ich kann immer an den Punkt kommen, dass auch ich heute pflegebedürftig werde, dann möchte ich einfach, dass jemand sich genauso mich kümmern würde, wie ich das tue.

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