Geschichten von Mitmenschen

Lara

„Ich habe den Schalter umgelegt!“

Ich bin EVIM sehr dankbar dafür, dass ich mich sozusagen noch mal neu umkrempeln durfte in deren Obhut. Ich bin die Lara, ich bin 20 Jahre alt und ich habe dreieinhalb Jahre in der Wohngruppe in Sprendlingen gewohnt.

Es war eigentlich nur Konfliktsituation zu Hause, weshalb ich dorthin gegangen bin. Ich habe die Hilfe meiner Eltern nicht wahrgenommen als eine Hilfe, sondern als ‚die sind gegen mich‘. Es waren eigentlich nur die Meinungsverschiedenheiten. Meistens nach der Schule ungefähr am Esstisch, wo alle dabei waren, wo man viel spricht und da kam dann die Konfliktsituation auf. Ich wollte nicht mit auf Familienausflüge oder im Haushalt wollte ich natürlich auch nicht mithelfen. Und dann wollte ich mich von denen abgrenzen und selbstständig werden.

Also Angst gemacht hat mir die Entscheidung nicht, dass ich aus der Familie rausgegangen bin, weil es war auch ziemlich meine Idee. Ich habe im Fernsehen so einen Wohngruppenfilm oder Serie oder was das war mal gesehen und fand das voll cool. Ich wollte unbedingt einfach auch in so eine Wohngemeinschaft rein.
Ich war ja dreizehn zu dem Zeitpunkt, wo ich gegangen bin,

Das ist über das Jugendamt gelaufen. Wir hatten dort ein Gespräch, ein tiefgründiges. Und in dem Gespräch habe ich den Wunsch geäußert. Meine Eltern haben auch zugestimmt, auch wenn es wahrscheinlich für die schwer gewesen ist, nehme ich mal an, es kam so rüber. Also es ging recht schnell.
Der erste Tag war eigentlich ganz cool. Ich wurde von den Mädels echt gut aufgenommen. Gut, gefallen hat mir, dass die Betreuer einen unterstützen, also dass sie immer zur Seite stehen und so. Man kann sich gut in der Wohngruppe mit einbringen, da wir die Dienste hatten, wo man nach dem Abend erst Müll rausgebracht hat oder man hatte den Küchendienst, wo man da aufgeräumt hat, geputzt hat, oder auch mit der Gruppe zusammen einkaufen gegangen ist. Hab‘ mich eigentlich schon sehr gut gefühlt dort, wie so ein Familienersatz. Wie wenn die ganzen Mädels wie Geschwister für einen sind. So ein Satz, wo hängen geblieben ist, wo die Betreuer sehr oft sogar sagen ist, dass sie stolz auf mich sind, weil das hört man eigentlich sehr gerne schon.

Ich wurde unter die Kategorie ‚Systemsprenger‘ eingebracht, weil ich ab und zu mit den Mädels auch zusammen abgehauen bin. Halt immer da, wo die Polizei uns nicht gefunden hat.

Wir sind eigentlich immer in Städte gegangen, wo es Parks gab, haben uns da hingesetzt, ganz normal und einfach nur geredet, manchmal auch ein bisschen Alkohol getrunken. Wir sind mit dem Zug meistens schwarzgefahren. Und nach einer Zeit ging das nicht mehr, weil die Polizei schon immer am Bahnhof vor unserer Tür gefühlt stand und gewartet hat. In den dreieinhalb Jahren hat uns die Polizei bestimmt 15 bis 20 Mal saß ich in so einem Auto drin oder musste mit dem Taxi heim oder zu Fuß.
Da hat man sogar ab und zu sogar mit der Polizei zusammen darüber gelacht, im Endeffekt. Aber es war irgendwie cool, so Systemsprenger zu sein.
Also der Schalter, der sich in meinem Kopf umgelegt hat, weshalb ich auch nicht mehr abgehauen bin und so, der kam eigentlich, als mein Freund kam. Er hat auch viel dazu beigetragen, dass ich nicht mehr abhaue und so. Seitdem ist eigentlich wieder alles gut gewesen bei mir.
Ich bin raus aus der Phase. Mittlerweile habe ich auch den Ernst des Lebens und den Sinn des Lebens verstanden und genieße es, gehe arbeiten, Schuhverkäuferin im Einzelhandel und es macht mir auch viel Spaß.

EVIM hat richtiggemacht, dass sie die Selbstständigkeit sozusagen beibringen wollen. Ich merke es halt, dass es mir jetzt im heutigen Leben hilft, wirklich. Meine Eltern sind mittlerweile stolz auf mich, dass ich auch so jetzt in der Wohnung bin und meine Ausbildung fast fertig und die sind auch megastolz auf mich. Also wenn ich heute auf mein 13-jähriges Larachen zurückgucken würde, müsste ich eigentlich schon fast lachen, (…), weil ich damals mich einfach manchmal so verrückt aufgeführt habe (…) Wenn ich zurückgucke auf mein früheres Ich, dann fange ich an zu schmunzeln.

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